Rente: So viel darf man als Rentner monatlich hinzuverdienen

23. Oktober 2025
Viele Rentnerinnen und Rentner möchten sich im Ruhestand etwas dazuverdienen. Doch schnell stellt sich die Frage: Wie viel darf man monatlich hinzuverdienen, ohne dass die Rente gekürzt wird oder das Finanzamt zur Kasse bittet? Die Antworten darauf sind komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Denn es kommt nicht nur auf die Höhe des Einkommens an, sondern auch auf die Art der Rente und auf steuerliche Freibeträge. Was früher durch strikte Hinzuverdienstgrenzen reglementiert war, ist heute deutlich durchlässiger – aber nicht ohne Tücken. Unbegrenzter Zuverdienst bei regulärer Altersrente Für alle, die die Regelaltersgrenze erreicht haben und eine reguläre Altersrente beziehen, gilt seit dem 1. Januar 2023: Sie dürfen unbegrenzt hinzuverdienen, ohne dass ihre Rente dadurch gekürzt wird. Die frühere Begrenzung auf einen jährlichen Zuverdienst von rund 46.000 Euro ist entfallen. Das klingt auf den ersten Blick nach einer völligen Freigabe – doch wer sich zu früh freut, übersieht schnell die steuerlichen Konsequenzen. Denn auch wenn die Rente in voller Höhe weitergezahlt wird, bedeutet das nicht automatisch, dass der Zuverdienst steuerfrei bleibt. Einkommensteuer: Der Grundfreibetrag entscheidet Zentral ist hier der sogenannte Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer. Im Jahr 2025 liegt dieser bei 12.096 Euro für Alleinstehende. Wer mit Rente und Nebenjob unter diesem Betrag bleibt, muss in der Regel keine Einkommensteuer zahlen. Doch sobald das Gesamteinkommen – bestehend aus Rentenzahlungen, eventuellem Arbeitslohn oder weiteren Einnahmen – den Grundfreibetrag überschreitet, wird eine Steuererklärung fällig. Ob tatsächlich Steuern gezahlt werden müssen, hängt von weiteren Faktoren ab: dem individuellen Steuersatz, dem Anteil der zu versteuernden Rente sowie möglichen Abzügen. Beispielrechnung: Wann es steuerlich eng wird Wer also zum Beispiel 1.200 Euro gesetzliche Rente im Monat erhält, hat im Jahr 14.400 Euro Renteneinkommen. Davon ist ein bestimmter Prozentsatz steuerpflichtig – je nachdem, in welchem Jahr die Rente begonnen hat. Kommt nun ein Minijob mit monatlich 556 Euro hinzu, also jährlich 6.672 Euro, kann der Grundfreibetrag schnell überschritten sein. Zwar ist der Minijob in der Regel pauschal versteuert und führt nicht zwangsläufig zu einer Nachzahlung. Doch bei der Einkommensteuer wird das Gesamteinkommen betrachtet, sodass sich die Steuerpflicht insgesamt verschärfen kann. Vorsicht bei Erwerbsminderungs- und vorgezogenen Renten Anders sieht es bei Rentnerinnen und Rentnern aus, die eine Erwerbsminderungsrente oder eine vorgezogene Altersrente beziehen. Hier gelten weiterhin feste Hinzuverdienstgrenzen, deren Überschreitung zu Kürzungen der Rente führen kann. Im Jahr 2025 liegt die jährliche Hinzuverdienstgrenze bei voller Erwerbsminderungsrente bei rund 19.661 Euro. Bei teilweiser Erwerbsminderungsrente verdoppelt sich dieser Betrag auf etwa 39.322 Euro. Werden diese Werte überschritten, kann die Rente anteilig gekürzt oder in bestimmten Fällen sogar komplett gestrichen werden. Auch hier gilt: Entscheidend ist nicht nur das Einkommen selbst, sondern auch der Umfang der Tätigkeit. Wer beispielsweise eine tägliche Arbeitszeit überschreitet, die nicht mehr als "teilweise erwerbsgemindert" gilt, verliert womöglich den Anspruch auf die Rente. Minijob als beliebter Nebenverdienst im Ruhestand Für viele Rentnerinnen und Rentner ist der sogenannte Minijob daher eine praktische Lösung. Bis zu einem monatlichen Einkommen von 556 Euro (Stand: 2025) bleibt dieser Nebenverdienst in der Regel sozialversicherungsfrei und wird pauschal versteuert. Doch auch hier lauern Fallstricke. Wird neben der Altersrente ein Minijob ausgeübt, kann das Zusammenspiel mit der Steuerpflicht dazu führen, dass eine Einkommensteuererklärung abgegeben werden muss. Wer also glaubt, mit einem Minijob automatisch auf der sicheren Seite zu sein, sollte sein Gesamteinkommen genau prüfen. Reformpläne: Aktivrente mit 2.000 Euro steuerfreiem Verdienst Ein Blick in die politische Zukunft zeigt, dass sich beim Thema Hinzuverdienst für Rentner noch einiges ändern könnte. Die geplante Reform der sogenannten Aktivrente sieht vor, dass Rentnerinnen und Rentner ab dem Jahr 2026 bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei hinzuverdienen dürfen – sofern sie die Regelaltersgrenze erreicht haben. Diese Initiative soll nicht nur den Anreiz erhöhen, im Ruhestand weiterzuarbeiten, sondern auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Noch befindet sich das Vorhaben in der politischen Diskussion, ein konkretes Gesetz liegt bislang nicht vor.
Aktuelles
23. Oktober 2025
P-Konto: Keine Auszahlung trotz Guthaben – was wirklich dahinter steckt Wer ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) führt, erlebt immer wieder ein paradoxes Phänomen: Auf dem Kontoauszug steht ein Plus – und dennoch verweigert die Bank die Auszahlung oder Überweisung. Das ist kein technischer Fehler, sondern Folge eines besonderen Schutzmechanismus. Entscheidend ist nicht der Kontostand, sondern der nach Gesetz geschützte Betrag, über den Sie im Monat tatsächlich verfügen dürfen. Dieser soll das Existenzminimum sichern, führt in der Praxis aber zu Missverständnissen – vor allem, wenn Reservierungen, Auskehrungsbeträge oder bereits ausgeschöpfte Freibeträge im Spiel sind. Der geschützte Rahmen: Freibeträge – und warum 1.560 Euro „zählen“, nicht der Kontostand Auf dem P-Konto ist pro Kalendermonat ein Grundfreibetrag vor Pfändung geschützt. Seit dem 1. Juli 2025 liegt der maßgebliche Sockelbetrag bei 1.560 Euro. Die Höhe ergibt sich aus der jeweils gültigen Pfändungstabelle und einer gesetzlichen Aufrundung auf den nächsten 10-Euro-Betrag speziell für P-Konten. Liegt das Guthaben darüber, wird der Überschuss gesperrt – Auszahlungen oder Überweisungen sind dann nicht mehr möglich, auch wenn die App „Guthaben“ anzeigt. Rechtsgrundlage für die monatliche Freigrenze ist § 850c ZPO; die P-Konto-Sonderregel zur Aufrundung enthält § 899 ZPO. Monatslogik statt „Lohneingangslogik“: Drei-Monats-Übertrag und das FIFO-Prinzip Der Schutz gilt je Kalendermonat, nicht je Zahlungseingang. Nicht verbrauchte Teile des geschützten Betrags dürfen Sie in die folgenden drei Monate mitnehmen; spätestens im dritten Folgemonat erlischt dieser Übertrag. Außerdem gilt das „First in, first out“-Prinzip: Verfügungen werden mit dem ältesten geschützten Guthaben verrechnet. Wer sparen will, muss daher die zeitliche Reihenfolge der Eingänge und Abhebungen im Blick behalten – sonst verfällt Übertragsguthaben, obwohl auf dem Konto noch ein Plus steht. Diese Regeln stehen seit der Reform Ende 2021 im Gesetz (§ 899 Abs. 2 ZPO) und werden in der Beratungspraxis so angewendet. Wenn „Guthaben“ nicht verfügbar ist: Vormerkungen, Auskehrung und Moratorium Häufig mindern vorgemerkte Kartenzahlungen oder Lastschriften den verfügbaren Betrag, obwohl sie noch nicht gebucht sind. Banking-Apps weisen solche Reservierungen als „vorgemerkte Umsätze“ aus; sie reduzieren den nutzbaren Freibetrag sofort – weshalb der Automat oder die App Auszahlungen verweigern kann. Zusätzlich parken Banken pfändbare Überschüsse oft auf einem internen Auskehrungskonto. Diese Beträge bleiben dort bis zur Auskehr an Gläubiger oder bis sie – etwa bei Ausschöpfung im Folgemonat – zurückfließen. Ein gesetzliches Moratorium (§ 900 ZPO) bewirkt, dass an Gläubiger grundsätzlich erst nach Ablauf des Folgemonats geleistet werden darf; für Sie heißt das jedoch nicht, dass der Überschuss im Eingangsmonat frei würde. Typische Stolperfallen: Konto im Minus, Doppelpfändung, Informationspflichten Auch ein überzogenes Girokonto darf in ein P-Konto umgewandelt werden. Seit 2021 ist ausdrücklich klargestellt: Nach der Umwandlung dürfen Gutschriften innerhalb des Freibetrags nicht mit dem alten Sollsaldo verrechnet werden (Aufrechnungs- und Verrechnungsverbot, § 901 ZPO). In der Praxis führen Missverständnisse über diese Trennung dennoch zu Sperren – etwa wenn gleichzeitig Lohn und später das Konto gepfändet sind („Doppelpfändung“). Zudem müssen Kreditinstitute über freie Beträge, drohende Auskehrungen und erforderliche Bescheinigungen informieren; die Informationspflichten wurden mit der Reform ausgeweitet (§ 908 ZPO). Wege zur höheren Freigabe: Bescheinigung, Einmalzahlungen, Gerichtsbeschluss Wer Unterhalt zahlt oder bestimmte Sozialleistungen bezieht, kann den Freibetrag über den Grundbetrag hinaus anheben lassen. Dafür genügt eine P-Konto-Bescheinigung, die etwa Schuldner- oder Sozialberatungen, Arbeitgeber oder Familienkasse ausstellen. Bei Einmalzahlungen wie Nachzahlungen, Weihnachts- oder Urlaubsgeld ist – wenn diese pfändungsfrei sind – eine gerichtliche Freigabe nach § 906 Abs. 2 ZPO möglich. Wer überwiegend unpfändbare Einkünfte bezieht, kann zudem per § 907 ZPO die (befristete) Unpfändbarkeit des Kontoguthabens festsetzen lassen, typischerweise bis zu zwölf Monate. In allen Fällen gilt: Belege zügig sammeln und die Bank informieren, damit Beträge nicht unnötig in die Auskehr laufen. Gebühren und Einschränkungen: Was Banken dürfen – und was nicht Die Führung eines P-Kontos darf nicht teurer sein als ein vergleichbares Girokonto. Zusätzliche Entgelte speziell „wegen P-Konto“ oder eine pauschale Leistungskürzung allein wegen der Umwandlung sind unzulässig; dies ergibt sich aus § 850k Abs. 7 ZPO und wurde durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gestützt. Wer dennoch erhöhte Gebühren zahlen soll, kann diese zurückfordern. So ordnen Sie Ihren Fall ein – und lösen das Auszahlungsproblem nachhaltig Wenn die Auszahlung trotz Guthaben scheitert, lohnt ein Blick auf drei Punkte: Erstens, ob der monatliche Freibetrag bereits erreicht ist – inklusive Übertragsguthaben und vorgemerkter Umsätze. Zweitens, ob auf dem Auskehrungskonto Beträge „zwischengeparkt“ sind, die erst im Folgemonat relevant werden. Drittens, ob ein höherer Freibetrag oder eine Einzel- bzw. Dauerfreigabe rechtlich möglich ist. Ein geordnetes Kassenbuch über Ein- und Ausgänge nach Kalendermonaten hilft, die FIFO-Reihenfolge einzuhalten und Verfall zu vermeiden. Bestehen dennoch Unklarheiten, sollte die Bank die verfügbaren freien Beträge transparent ausweisen; dazu ist sie verpflichtet. Bei Konflikten unterstützen kommunale Schuldnerberatungen, Verbraucherzentralen und – wenn nötig – das Vollstreckungsgericht. Fazit „Guthaben“ ist auf dem P-Konto kein Synonym für „verfügbar“. Maßgeblich sind gesetzliche Freibeträge, die Kalendermonats-Logik samt Drei-Monats-Übertrag, das FIFO-Prinzip sowie technische Reservierungen und Auskehrungen. Wer diese Mechanik kennt, kann Engpässe besser erklären, rechtzeitig Freibeträge erhöhen lassen und durch gezielte Anträge verhindern, dass eigentlich geschützte Beträge blockiert werden – selbst wenn der Blick in die Banking-App ein sattes Plus zeigt.
23. Oktober 2025
Gestern am späten Nachmittag wurde erstmals der Referentenentwurf der von Friedrich Merz (CDU) vollmundig angekündigten Reform des Bürgergeldes öffentlich bekannt. Da es sich noch nicht um die endgültige Fassung handelt, kann es noch inhaltliche Änderungen geben, insbesondere bei offensichtlichen Fehlern. Und das steht drin: Aus Bürgergeld wird Grundsicherungsgeld Die kreativen Köpfe des von der SPD geführten Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) haben alles gegeben bei der Lösung der Frage, wie die Geldleistung der „Grundsicherung für Arbeitsuchende“, wie das Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) seit 2005 heißt, künftig genannt werden soll. Die seit 2005 als „Arbeitslosengeld II“ bezeichnete und erst 2023 von SPD und Grünen in „Bürgergeld“ umgetaufte Geldleistung soll künftig „Grundsicherungsgeld“ heißen. Damit nähert sich diese den Bezeichnungen der Geldleistungen des SGB XII an. Die ganze Arbeitskraft soll es sein Künftig haftet jedes Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft mit all seiner Arbeitskraft für die vollständige Überwindung der Hilfebedürftigkeit aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft. Auch wenn es im Referentenentwurf nicht so kommuniziert wird, hat man den Eindruck, dass CDU/CSU und SPD hier einen erneuten Vorstoß in Richtung Sippenhaft wagen, dem das Bundessozialgericht bereits 2006 eine Abfuhr erteilt hat (Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 8/06 R). Arbeiten sollst du, sonst nichts Der Vorrang eines Bildungs- oder Berufsabschlusses und einer Weiterbildung bei fehlender Qualifikation wird gestrichen. Stattdessen hat die Vermittlung in bedarfsdeckende Arbeit absoluten Vorrang und zwar nicht nur hinsichtlich fehlender Bildungsabschlüsse, sondern auch hinsichtlich des Anspruchs auf Grundsicherungsgeld, was die Möglichkeit von Totalsanktionen eröffnet. Verbot nicht bedarfsdeckender selbstständiger Erwerbstätigkeit Selbstständig erwerbstätigen Aufstockern ist es künftig zumutbar, ihre Selbstständigkeit aufzugeben und eine andere, mehr bedarfsdeckende Tätigkeit auszuüben, wenn die selbstständige Tätigkeit binnen eines Jahres nicht dazu führt, dass die Hilfebedürftigkeit beendet wird. Im Grunde handelt es sich hier um die Gesetzwerdung gängiger Rechtsprechung. Das Schonvermögen wird massiv gekürzt, die Karenzzeit abgeschafft Die erst 2023 eingeführte zwölfmonatige Karenzzeit beim Vermögen wird abgeschafft. Lediglich selbst genutztes Wohneigentum bleibt für die Dauer der – weiterhin für die Miete geltenden – Karenzzeit unberücksichtigt. Es werden wieder nach Alter gestaffelte Vermögensfreibeträge eingeführt. Bis zur Vollendung des 20. Lebensjahres sind 5.000 Euro, ab dem 21. Lebensjahr 10.000 Euro, ab dem 41. Lebensjahr 12.500 Euro und ab dem 51. Lebensjahr 15.000 Euro Vermögen geschützt. Damit nähert sich das SGB II dem Vermögensfreibetrag des SGB XII an, der pauschal 10.000 Euro beträgt. Mietkostenbegrenzung sowie Auskunfts- und Mitwirkungspflichten für Vermieter Während der 12‑monatigen Karenzzeit nach Erstantrag werden die Kosten für Unterkunft und Heizung auf das 1½-fache der maximal angemessenen Kosten begrenzt. Im Weiteren werden die gängige Rechtsprechung zu Informationspflichten bei unangemessenen Kosten sowie der Anspruch auf die maximalen angemessenen Kosten beim Umzug in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Jobcenters in das SGB II aufgenommen. Vermieter haben künftig eine eigenständige Auskunfts-, Mitwirkungs- und Nachweispflicht gegenüber dem Jobcenter, wenn sie an Bezieher von Grundsicherungsgeld vermieten. Das wird die Wohnungssuche von Leistungsbeziehern weiter erschweren. Du sollst dich medizinisch behandeln lassen Bei der Eingliederung sollen Bezieher von Grundsicherungsgeld nun auch zur Inanspruchnahme von Präventions- und Gesundheitsleistungen anderer Träger sowie medizinischer Reha-Maßnahmen verpflichtet werden. Kooperieren sollst du, sonst … Mit dem Fördern und Fordern „auf Augenhöhe“ ist Schluss. Die Regelungen zum Kooperationsplan werden von Kann- zu Soll-Regelungen, die nun auch Verpflichtungen zu medizinischen Behandlungen umfassen dürfen. Die Pflicht zum Fortschreiben des Kooperationsplanes wird abgeschafft. Mit Letzterem begeben sich CDU/CSU und SPD auf sehr dünnes Eis, denn das Bundessozialgericht hat in seiner Rechtsprechung unmissverständlich klargestellt, dass solche Pläne regelmäßig überprüft und angepasst werden müssen. … sonst hagelt es Sanktionen Die 2023 eingeführte Staffelung der Sanktionshöhe und -dauer wird wieder abgeschafft. Künftig beträgt die Höhe der Sanktion wieder 30 % des Regelbedarfs und der Minderungszeitraum ist einheitlich drei Monate. Der Anfang 2024 von SPD und Grünen eingeführte vollständige Entzug des Regelbedarfs kann nun schon bei der ersten willentlichen Verweigerung einer tatsächlichen und unmittelbar möglichen Arbeitsaufnahme erfolgen. In dem Fall werden die Kosten für Unterkunft und Heizung direkt an den Vermieter gezahlt. Die Dauer wird von zwei Monaten auf einen Monat verkürzt, außer die Möglichkeit der unmittelbar möglichen Arbeitsaufnahme besteht weiter. Sollte eine Sanktion zum vollständigen Wegfall des Leistungsanspruches führen, wird Leistung i.H.v. 1 Euro bewilligt, um den Krankenversicherungsschutz aufrechtzuerhalten. Auch Meldeversäumnisse werden i.H.v. 30 % des Regelbedarfs sanktioniert, es bleibt bei der Sanktionsdauer von einem Monat. Bei der Neufassung von § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II hat sich offenbar ein gravierender Fehler eingeschlichen, denn das Pflichtversäumnis „Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweisen“ kann im SGB II nicht sanktioniert werden. Hier dürfte es also noch eine Berichtigung geben. Vollständiger Leistungsentzug nach 3 Meldeversäumnissen Nach drei aufeinander folgenden Meldeversäumnissen wird die Regelleistung vollständig entzogen. In dem Fall werden die Kosten für Unterkunft und Heizung direkt an den Vermieter gezahlt. Sollte der Bezieher von Grundsicherungsgeld sich danach vor Ablauf des Monats persönlich beim Jobcenter melden, setzt die Leistungszahlung nahtlos wieder ein. Andernfalls wird gesetzlich vermutet, dass der Betroffene nicht erreichbar ist, was unmittelbar zur Leistungsaufhebung führt. Ausschluss von Nachweisen und Auskünften bei vorläufigen Entscheidungen Nachweise und Auskünfte sollen bei der abschließenden Entscheidung über vorläufig bewilligte Leistungen nicht mehr berücksichtigt werden, wenn diese nach Erlass der abschließenden Entscheidung beim Jobcenter eingehen. Auch hier begeben sich CDU/CSU und SPD auf sehr dünnes Eis, denn diese Regelung verstößt sowohl gegen § 67 SGB I als auch gegen § 44 SGB X. Aufrechnung ohne Anhörung Rückforderungsansprüche von weniger als 70 Euro darf das Jobcenter ohne vorherige Anhörung aufrechnen. Nur ernst gemeinte Jobangebote bekommen einen Lohnkostenzuschuss Um den Missbrauch von Lohnkostenzuschüssen für Arbeitgeber zu beenden, wird die Mindestbeschäftigungsdauer von 2 auf 3 Jahre verlängert, wobei es aber im 3. Beschäftigungsjahr keinen Lohnkostenzuschuss mehr gibt. Im Gegenzug wird die Leistung nicht mehr an die Dauer der Arbeitslosigkeit, sondern an die Dauer des Bezuges von Grundsicherungsgeld gekoppelt. Haftung für Arbeitgeber bei Schwarzarbeit Künftig haften Arbeitgeber auch für die im Falle von Schwarzarbeit vom Jobcenter an Arbeitnehmer zu Unrecht gezahlten Leistungen.
23. Oktober 2025
Schwerbehinderung und Pflegebedürftigkeit greifen in der Praxis oft ineinander, werden aber sozialrechtlich getrennt behandelt. Diese Trennung hat handfeste Auswirkungen: Ein anerkannter GdB ab 50 bringt keine automatische Pflegestufe, erleichtert aber vielfach den Zugang zu weiteren Leistungen. Genau hier liegt ein entscheidender Punkt – und für viele Betroffene eine verpasste Chance. Wer beide Systeme getrennt betrachtet, riskiert Leistungsansprüche zu verschenken. Schwerbehinderung ersetzt keinen Pflegegrad In der Pflegeversicherung entscheidet nicht der Grad der Behinderung, sondern der individuelle Unterstützungsbedarf im Alltag. Doch wer einen Schwerbehindertenausweis hat, kann – und sollte – prüfen lassen, ob ein Pflegegrad infrage kommt. Beispiel: Frau M., 68 Jahre, hat einen GdB von 60 wegen schwerer Arthrose. Sie lebt allein, benötigt Hilfe beim Anziehen und Kochen, hat aber nie einen Pflegegrad beantragt. Erst durch eine Beratung wird ihr klar, dass ihr Pflegegrad 2 zusteht – und damit monatlich 316 Euro Pflegegeld. Diese Leistung kann rückwirkend nur begrenzt gewährt werden, was einen nicht unerheblichen finanziellen Nachteil bedeutet. Umgekehrt lässt sich ein Pflegegrad-Antrag auch mit einem vorhandenen GdB-Gutachten unterstützen. Enthält das Gutachten bereits aussagekräftige Funktionsbeurteilungen, kann dies die Pflegekasse in ihrer Einschätzung bestärken. Gerade bei körperlichen Einschränkungen oder psychischen Belastungen kann ein aktuelles GdB-Gutachten den Zugang zu Pflegeleistungen erleichtern. Eine strukturierte Antragstellung, bei der alle verfügbaren Unterlagen zusammengeführt werden, erhöht die Chance auf eine faire Einstufung deutlich. GdB als Türöffner für Reha-Leistungen Reha-Maßnahmen und Teilhabeleistungen nach dem SGB IX lassen sich besser durchsetzen, wenn bereits eine anerkannte Schwerbehinderung vorliegt. Der GdB liefert den objektiven Nachweis für Einschränkungen, die im Reha-Verfahren sonst langwierig begründet werden müssten. Herr T., 52 Jahre, leidet an einer multiplen Sklerose, GdB 70. Als er eine berufliche Reha zur Umorientierung beantragt, hilft ihm der Schwerbehindertenausweis, um eine stationäre Maßnahme über die Rentenversicherung durchzusetzen – ohne langwierige Widersprüche. Der GdB macht die Beeinträchtigungen sichtbar, auch wenn keine aktuelle Akutdiagnose vorliegt. Wichtig ist dabei die Frage der Zuständigkeit: Wer noch im Erwerbsleben steht, muss seine Reha-Leistungen in der Regel bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) beantragen. Rentnerinnen und Rentner hingegen sind auf die gesetzliche Krankenkasse (GKV) angewiesen. Beide Träger prüfen unterschiedlich – wer seine Ansprüche kennt und frühzeitig zuordnet, vermeidet unnötige Ablehnungen. Es kommt immer wieder vor, dass Anträge abgelehnt werden, weil sie beim falschen Träger landen oder formale Anforderungen nicht erfüllt sind. Eine Beratung vor Antragstellung kann hier entscheidend sein. Versäumnisse in der Beratungspraxis In der Praxis wird diese Verknüpfung häufig übersehen. Pflegeberater, Hausärzte, selbst Fachanwälte konzentrieren sich auf einen Bereich – Pflege oder Behinderung – und vernachlässigen das sozialrechtliche Zusammenspiel. Besonders deutlich wird das bei Menschen, die in Einrichtungen der Behindertenhilfe leben. Frau S., 33 Jahre, lebt in einer betreuten Wohngruppe und hat Pflegegrad 3. Trotzdem zahlt die Pflegekasse nur 266 Euro monatlich – der Rest wird als Teil der Eingliederungshilfe abgedeckt. Die Pflegebelastung für das Personal bleibt aber gleich hoch. Für Betroffene bedeutet das: Sie fallen durch das Raster einer Leistung, obwohl ihr Bedarf gedeckt werden müsste. Auch in der ambulanten Versorgung sind die Zuständigkeiten oft nicht klar: Wer Leistungen der Pflegeversicherung bekommt, kann unter Umständen auf zusätzliche Eingliederungshilfe verzichten – oder sie ergänzend nutzen. Die individuelle Bedarfsermittlung muss hier sehr genau erfolgen. Antragstellung strategisch verbinden Wer sowohl pflegebedürftig als auch schwerbehindert ist, muss seine Rechte aktiv kombinieren. Das beginnt bei der Antragstellung: Wer Pflegeleistungen beantragt, sollte parallel den GdB prüfen lassen – und umgekehrt. Auch die Reha darf nicht als nachrangige Option behandelt werden. Beispiel: Herr B., 61 Jahre, mit Diabetes und Depressionen, stellt einen Antrag auf GdB – abgelehnt. Erst durch einen kombinierten Antrag mit aktuellem Pflegegutachten (Pflegegrad 2) wird der GdB später doch anerkannt – samt Merkzeichen G. Ohne diesen Hinweis wäre er wahrscheinlich dauerhaft ausgeschlossen geblieben. Gerade psychische Einschränkungen sind im GdB-Verfahren schwer zu belegen. Ein Pflegegrad-Gutachten, das funktionale Einschränkungen im Alltag dokumentiert, kann hier wertvolle Ergänzung sein. Gleiches gilt umgekehrt: Wer bereits über ein GdB-Gutachten verfügt, sollte dies bei der Pflegebegutachtung vorlegen – es macht die tatsächlichen Belastungen oft deutlich sichtbar. Welche Leistungen zusätzlich möglich sind Zudem öffnen sich mit einem GdB bestimmte Türen. Frau L., 74 Jahre, hat einen GdB 50 und Pflegegrad 1. Sie beantragt bei der Pflegekasse einen Zuschuss für den Umbau ihrer Dusche – 4.000 Euro werden bewilligt. Ihr Arzt verordnet zusätzlich ein Elektromobil – mit Verweis auf den GdB wird auch dies genehmigt. Die Mobilität verbessert sich erheblich, der Pflegebedarf sinkt. Das zeigt: Flankierende Leistungen können entscheidend sein. Ebenso wichtig ist der Zugang zu Maßnahmen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Viele Kommunen und Träger bieten zusätzliche Unterstützung für Menschen mit Schwerbehinderung – etwa begleitete Freizeitangebote, Hilfen bei der Haushaltsführung oder spezielle Förderprogramme. Diese Angebote sind meist nicht breit bekannt, aber durch den GdB oft zugänglich. Reha, Pflege, Teilhabe: Nur gemeinsam stark Rechtlich ergibt sich ein klarer Auftrag: Pflegeversicherung, Behindertenrecht und Reha-Leistungen müssen zusammen gedacht werden. Wer heute nur auf einen Bereich fokussiert, riskiert, existenzsichernde Leistungen zu verlieren. In der Beratungspraxis bedeutet das: Weg vom Einzelfallblick, hin zur vernetzten Strategie. Und für Betroffene: Frühzeitig aktiv werden – nicht erst, wenn Überforderung oder Versorgungslücken auftreten. Denn letztlich geht es nicht um Paragrafen, sondern um Lebensrealitäten. Und die zeigen: Wer Schwerbehinderung, Pflege und Teilhabe konsequent zusammendenkt, hat bessere Chancen auf Unterstützung – finanziell, organisatorisch und gesellschaftlich. Gerade in einem System, das komplex und oft unübersichtlich wirkt, sind solche strategischen Kombinationen der Schlüssel zu echter Hilfe im Alltag.
23. Oktober 2025
Das Krankengeld kann ruhen oder sogar seitens der Krankenkasse eingestellt werden. Wir erklären typische Stolperfallen und zeigen, wie sich Lücken im Leistungsbezug vermeiden lassen. Entstehen, Dauer, Ruhen, Wegfall Der Anspruch entsteht grundsätzlich, wenn die Krankheit arbeitsunfähig macht oder eine stationäre Behandlung beginnt. Entscheidend ist dabei die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit und deren nahtloser Nachweis bei Folgebescheinigungen. Für die Dauer und Beendigung gelten drei Säulen: Höchstdauer, Ruhen (vorübergehende Aussetzung) und Wegfall (endgültiges Ende in bestimmten Fällen). Maßgeblich sind insbesondere §§ 46, 48, 49, 50 und 51 SGB V. Aussteuerung: Ende nach 78 Wochen innerhalb der Blockfrist Das bekannteste Beendigungsereignis ist die Aussteuerung: Krankengeld wird wegen derselben Krankheit maximal 78 Wochen innerhalb von drei Jahren gezahlt. Tritt währenddessen eine weitere Krankheit hinzu, verlängert das die Höchstdauer nicht. Ein neuer Anspruch wegen derselben Krankheit entsteht erst, wenn ein neuer Dreijahreszeitraum begonnen hat und die versicherte Person zwischenzeitlich mindestens sechs Monate weder wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig war noch Krankengeld deshalb bezogen hat und in dieser Zeit erwerbstätig war oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stand. Rentenbeginn: Sofortiges Ende – und kein neuer Anspruch Mit dem Beginn einer Vollrente wegen Alters oder einer Rente wegen voller Erwerbsminderung endet der Krankengeldanspruch sofort; ein neuer Anspruch entsteht nicht. Bei Teilrenten wird das Krankengeld gekürzt, entfällt aber nicht zwingend vollständig. Diese Konsequenzen regelt § 50 SGB V. Reha-/Rentenaufforderung der Kasse: Frist versäumt – Anspruch weg Stellt der Medizinische Dienst oder die Krankenkasse eine erheblich gefährdete oder geminderte Erwerbsfähigkeit fest, kann die Kasse eine Frist von zehn Wochen setzen, um einen Reha-Antrag (oder – beim Erreichen der Regelaltersgrenze – den Rentenantrag) zu stellen. Wird der Antrag nicht fristgerecht gestellt, entfällt der Krankengeldanspruch mit Fristablauf. Er lebt erst ab dem Tag der Antragstellung wieder auf. Das regelt § 51 SGB V. Kein Anspruch von vornherein: Versicherungsstatus ohne Krankengeld Nicht jede GKV-Mitgliedschaft umfasst Krankengeld. Familienversicherte, viele Studierende oder bestimmte weitere Gruppen haben grundsätzlich keinen Anspruch; hauptberuflich Selbständige und Beschäftigte ohne sechs Wochen Entgeltfortzahlung können den Anspruch per Wahlerklärung einschließen. Wer in einen Mitgliedschaftstyp ohne Krankengeld wechselt, hat ab diesem Zeitpunkt keinen Anspruch mehr. Maßgeblich ist § 44 Abs. 2 SGB V. Ruhen ist nicht Ende: Entgeltfortzahlung, Mutterschafts- oder Arbeitslosengeld Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Ruhen und Ende. Beim Ruhen besteht das „Stammrecht“ weiter, die Zahlung setzt aber vorübergehend aus. Das passiert etwa während der Entgeltfortzahlung des Arbeitgebers in den ersten sechs Wochen, beim Bezug von Mutterschaftsgeld oder Arbeitslosengeld, bei Kurzarbeitergeld, während Übergangsgeld (z. B. in Reha) gezahlt wird oder wenn die Arbeitsunfähigkeit der Kasse nicht fristgerecht gemeldet ist. All das listet § 49 SGB V. Praktisch bedeutet das: Das Krankengeld endet in diesen Phasen nicht dauerhaft, es ruht lediglich. Die heikle Schnittstelle: Lückenlose Folgebescheinigung Klassische „Krankengeld-Falle“ ist eine Lücke zwischen AU-Bescheinigungen. Seit der Gesetzesreform gilt: Der Anspruch bleibt bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende erfolgt; Samstage gelten nicht als Werktage. Wer also bis Freitag krankgeschrieben ist, muss die Folgebescheinigung spätestens am Montag erhalten. Unabhängig davon ruht der Anspruch, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet ist – Ausnahmen gelten für die elektronische Übermittlung der eAU-Daten. Praktisch: Ärztinnen und Ärzte übermitteln die eAU an die Kasse; trotzdem sollten Versicherte auf die lückenlose ärztliche Feststellung achten. Gerichte haben zudem klargestellt, dass enge Ausnahmen möglich sind, wenn Versicherte alles Zumutbare für einen rechtzeitigen Arztkontakt getan haben und die Lücke allein an Praxisabläufen scheitert. Das Bundessozialgericht hat in solchen Konstellationen trotz Lücke weiteres Krankengeld zugesprochen. Verlassen sollte man sich darauf nicht – es bleibt eine Einzelfallentscheidung. Ende des Arbeitsverhältnisses: Kein automatisches Aus Das Ende des Jobs beendet den Krankengeldanspruch nicht automatisch. Die Pflichtmitgliedschaft in der GKV bleibt bestehen, solange Anspruch auf Krankengeld besteht oder Krankengeld bezogen wird (§ 192 SGB V). Das ist wichtig für den nahtlosen Versicherungsschutz und etwaige Folgeansprüche. Mitwirkungspflichten: Wer nicht mitwirkt, riskiert den Entfall Wer angeforderte Informationen nicht liefert, ärztliche Untersuchungen oder MD-Begutachtungen unbegründet versäumt oder eine bewilligte Reha grundlos nicht antritt, riskiert eine Versagung/Entziehung des Krankengelds wegen fehlender Mitwirkung (§ 66 SGB I). Vorher muss die Kasse auf die Folgen hinweisen und eine Frist setzen; kommt die Mitwirkung später nach, kann der Anspruch wiederaufleben. Typische Praxisfälle – und was sie bedeuten In der Praxis endet der Anspruch häufig nach 78 Wochen („Aussteuerung“) oder beim Beginn einer Vollrente. Er ruht typischerweise in den ersten sechs Wochen wegen Entgeltfortzahlung, während Mutterschaftsgeld oder Arbeitslosengeld gezahlt wird oder bis die Kasse eine verspätete Meldung der weiteren AU erhält. Kritisch sind Fristversäumnisse: eine nicht rechtzeitig festgestellte Folgebescheinigung, ein unterlassener Reha-Antrag nach Aufforderung oder unterlassene Mitwirkung können den Anspruch zum Erlöschen bringen – teils bis zur Nachholung, teils dauerhaft. So vermeiden Versicherte den Entfall Wer Krankengeld bezieht, sollte ärztliche Folgebescheinigungen rechtzeitig einholen, Termine frühzeitig vereinbaren und, wenn nötig, akutsprechstunden nutzen. Bei Aufforderungen der Kasse (Reha/Rente) hilft es, fristgebunden zu reagieren – gegebenenfalls mit einem formlosen Antrag zur Fristsicherung und Nachreichen der Unterlagen. Bei Zweifeln an der Rechtslage empfiehlt sich Widerspruch gegen belastende Bescheide innerhalb eines Monats und ggf. Beratung, etwa über Sozialverbände oder Rechtsbeistand. Diese Hinweise ersetzen keine Rechtsberatung; sie folgen den zitierten Normen und Entscheidungen.
23. Oktober 2025
Der November 2025 bringt für viele Rentnerinnen und Rentner vor allem organisatorische und rechtliche Weichenstellungen. Einige Änderungen wirken sofort, andere bereiten grundsätzliche Neuerungen vor, die in den nächsten Wochen und Monaten scharfgeschaltet werden. Die Rente kommt früher – wegen des Monatsendes Die gesetzliche Rente wird grundsätzlich „nachschüssig“ am letzten Bankarbeitstag des Monats ausgezahlt, für den sie bestimmt ist. Weil der 30. November 2025 auf einen Sonntag fällt, ist der letzte Bankarbeitstag bereits Freitag, 28. November 2025. Für die allermeisten Ruheständler bedeutet das: Das Geld ist regulär am 28. November wertgestellt. Rechtsgrundlage ist § 118 SGB VI; die Deutsche Rentenversicherung bestätigt das Vorgehen in ihren Informationsmaterialien. Schluss mit Bargeld: Bar-Auszahlung endet – jetzt Konto sicherstellen Ein Bruch mit einer Tradition betrifft die sehr kleine Gruppe, die ihre gesetzliche Rente noch bar per Zahlungsanweisung erhält: Ab Dezember 2025 ist die Barauszahlung beendet. Künftig erfolgen Rentenzahlungen ausschließlich per Überweisung. Die Deutsche Rentenversicherung und regionale Träger weisen seit Sommer und Herbst 2025 darauf hin und fordern Betroffene auf, rechtzeitig eine SEPA-Bankverbindung zu melden. Wer bis dahin kein Konto angibt, riskiert eine Unterbrechung der Zahlung; Nachzahlungen erfolgen dann erst nachträglich aufs Konto. Erwerbsminderungsrenten: November ist der letzte Monat nach alter Zuschlagsregel Für Bestandsbeziehende einer Erwerbsminderungsrente, die seit 2024/2025 einen Zuschlag erhalten, bleibt im November 2025 die Höhe unverändert. Ab Dezember 2025 wechselt die gesetzliche Berechnungsbasis: Der Zuschlag richtet sich dann nicht mehr nach dem Rentenbetrag, sondern nach den persönlichen Entgeltpunkten. Die Deutsche Rentenversicherung informiert dazu gesondert per Bescheid; ausgezahlt wird der Zuschlag weiterhin zusammen mit der Rente. Wer jetzt regulär in Rente geht: Der Jahrgang 1959 rückt nach Die Regelaltersgrenze wird schrittweise angehoben. Für den Jahrgang 1959 liegt sie bei 66 Jahren und 2 Monaten. Damit erreichen Personen, die im September 1959 geboren sind, im November 2025 ihre Regelaltersgrenze – und können ohne Abschläge in die Regelaltersrente wechseln. Offizielle Tabellen und Hinweise von Rentenversicherung und Krankenkassen stützen diese Einordnung; für individuelle Stichtage ist weiterhin das genaue Geburtsdatum maßgeblich. Verbraucherkredite und Ratenkäufe: Stichtag 20. November – Anwendung erst 2026 Am 20. November 2025 endet die Frist für Deutschland, die neue EU-Verbraucherkreditrichtlinie (EU) 2023/2225 in nationales Recht zu übernehmen. Sie bringt u. a. strengere Bonitätsprüfungen auch bei Kleinstkrediten und Buy-Now-Pay-Later-Angeboten. Wichtig für den Alltag: Viele dieser Regeln gelten erst ab dem 20. November 2026. Rentnerinnen und Rentner, die Ratenkäufe nutzen, sollten die anstehenden Änderungen kennen – im November 2025 handelt es sich vor allem um einen gesetzgeberischen Stichtag. Rentenreform: Beschlüsse mit Wirkung über den November hinaus Die Bundesregierung hat im August das „Rentenpaket 2025“ beschlossen und in den Bundestag eingebracht. Kern ist die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent bis 2031 sowie die Vervollständigung der Mütterrente („Mütterrente III“); der Start dieser Anerkennung ist laut Regierung erst für 2027 vorgesehen. Zudem soll Weiterarbeiten nach Erreichen der Regelaltersgrenze erleichtert werden. Diese Punkte sind für den November 2025 in der Regel noch nicht wirksam, markieren aber die Richtung der Politik. Steuerliche Rahmenbedingungen: Was 2025 schon gilt – und was nicht Steuerlich läuft im Jahr 2025 der bekannte Übergang weiter: Für Neurentnerinnen und Neurentner beträgt der Besteuerungsanteil 83,5 Prozent, Bestandsrenten bleiben von dieser Quote unberührt. Zudem hat das Bundesfinanzministerium im März 2025 den Vorläufigkeitsvermerk zur Doppelbesteuerung in neuen Steuerbescheiden gestrichen; entsprechende Verfahren laufen unabhängig davon weiter. Diese Regeln sind nicht november-spezifisch, prägen aber das Steuerjahr. Was heißt das praktisch im November? Für die allermeisten Rentner und Rentnerinnen bedeutet der Monat vor allem: Die Zahlung kommt diesmal schon am 28. November. Wer bislang noch eine Bar-Rente erhielt, muss die Umstellung auf Überweisung jetzt abschließen, damit die Dezemberzahlung nicht aussetzt. Beziehende von Erwerbsminderungsrenten sollten die Ankündigung der Rentenversicherung zur neuen Zuschlagsberechnung ab Dezember beachten. Und wer im Herbst 1959 geboren wurde, erreicht jetzt regulär die abschlagsfreie Altersrente. Die großen politischen Linien – von der Stabilisierung des Rentenniveaus bis zu strengeren Kreditregeln im Onlinehandel – sind gesetzt, ihre praktische Wirkung entfaltet sich allerdings erst ab 2026 und später.
23. Oktober 2025
Die schwarz-rote Bundesregierung arbeitet an einer Neujustierung des bisherigen Bürgergelds, das künftig wieder „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ heißen soll. Inhalte sind schärfere Mitwirkungspflichten, ein strengeres Sanktionsregime und strukturelle Änderungen im Leistungsbezug. Wohlfahrtsverbände warnen vor sozialen Schäden, etwa wenn Fehlverhalten Einzelner die gesamte Bedarfsgemeinschaft trifft oder existenzsichernde Leistungen für Kinder in Mitleidenschaft geraten. Forderungen aus der Wirtschaft: Härtere Auflagen, geringere Regelsätze Der Wirtschaftsrat der CDU hält die geplanten Verschärfungen für unzureichend. In einem Positionspapier verlangt die Organisation, die Arbeitsbereitschaft von Leistungsbeziehenden künftig durch verpflichtende gemeinwohlorientierte Tätigkeiten zu überprüfen. Wer sich verweigere, solle mit empfindlichen Kürzungen bis hin zum Leistungsstopp rechnen. Zudem sollen Regelsätze abgesenkt und unter der Ampel eingeführte Anhebungen rückgängig gemacht werden. Man wolle damit „Spielräume zur Entlastung der Leistungsträger“ herbei führen. Der Verband rechnet vor, dass bereits die Rückführung eines Viertels der rund 3,9 Millionen erwerbsfähigen Bürgergeld-Beziehenden in Arbeit den Bundeshaushalt um bis zu 30 Milliarden Euro entlasten könnte. Einsparziele der Politik und die Frage nach der Realistik Kanzler Friedrich Merz hatte Milliardeneffekte in Aussicht gestellt, die aktuelle Entwurfslogik liefert jedoch zunächst deutlich bescheidenere Zahlen: Für 2026 kalkuliert das Arbeitsministerium laut Medienberichten lediglich mit Einsparungen von rund 86 Millionen Euro, für 2027 mit etwa 69 Millionen Euro; ab 2028 könnten Mehrausgaben entstehen – unter anderem wegen zusätzlicher Vermittlungs- und Kontrollaufwände. Diese Diskrepanz zwischen Anspruch und fiskalischer Realität ist inzwischen eines der zentralen Argumente der Kritiker. Ökonomische Einordnung: „Mehr als fraglich“ Arbeitsmarktökonominnen und -ökonomen sehen die Aussicht auf zweistellige Milliardenersparnisse skeptisch. Das Institut der deutschen Wirtschaft verweist darauf, dass selbst bei strengerer Ausrichtung die kurzfristig realisierbaren Spareffekte begrenzt bleiben, solange Konjunktur, Qualifikationsprofile und Vermittlungsinfrastruktur nicht zugleich wirken. In Analysen und Interviews heißt es, Einsparungen „von mehreren Milliarden“ seien unter den gegebenen Annahmen „mehr als fraglich“. Was die Reform konkret verändert – und wo Risiken liegen In der Sache zielt die Koalition auf ein „Fördern und Fordern 2.0“: mehr Pflichten, schnellere und härtere Sanktionen sowie eine Rückkehr zur Bezeichnung „Grundsicherung“. Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch mahnt dabei klare Grenzen an: Pflichtverletzungen müssen Konsequenzen haben, doch die bestehenden Regelungen reichten aus; Leistungen für Kinder dürften „unter keinen Umständen“ gekürzt werden. Sozialverbände warnen außerdem, dass strenger gefasste Regeln im Bereich Unterkunft und Heizung das Risiko von Mietschulden und Wohnungslosigkeit erhöhen könnten, wenn Zahlungen leichter entfallen. Stimmen aus Opposition und Zivilgesellschaft Die politische Gegenkritik ist deutlich. Die Linke hält die Verschärfungslinie für sozialpolitisch verfehlt und rechtlich heikel. Fraktionschefin Heidi Reichinnek sprach jüngst von „menschenunwürdig“ und warnte vor einem Kurs, der die gesellschaftliche Spaltung vertiefe. Auch innerhalb der SPD-Familie gibt es mahnende Stimmen, die vor Übersteuerung und Symbolpolitik warnen. Befunde aus der Praxis Parallel zu den politischen Planspielen mehren sich empirische Hinweise auf enge Budgets in Bürgergeld-Haushalten. Eine 2025 veröffentlichte Befragung des Instituts Verian im Auftrag des Vereins Sanktionsfrei kommt zu dem Ergebnis, dass eine Mehrheit der Befragten den Regelsatz als nicht ausreichend empfindet; teils werde beim Essen gespart, Eltern verzichteten zugunsten ihrer Kinder. Der lange Schatten der Regelsatz-Debatte Die Regelsätze waren zum 1. Januar 2024 deutlich angehoben worden – für Alleinstehende um 61 Euro auf 563 Euro, begründet mit der außergewöhnlichen Inflation. Diese Anhebung dient nun Gegnern als Referenzpunkt: Die einen sehen Fehlanreize und fordern Korrekturen. Sozialverbände verweisen hingegen auf reale Preisniveaus, die die Kaufkraft der Leistungen weiterhin belasten. Entwurf noch in diesem Jahr – Umsetzung mit offenem Ergebnis Die Bundesregierung will den Gesetzesentwurf noch in diesem Jahr vorlegen. Wie groß der fiskalische Effekt tatsächlich ausfällt, hängt weniger an der Sanktionsschraube als an der arbeitsmarktpolitischen Wirksamkeit der gesamten Reformarchitektur: Qualifizierung, Betreuung, Vermittlung und regionale Arbeitskräftenachfrage entscheiden darüber, ob Menschen nachhaltig in Beschäftigung kommen. Klar ist bislang nur, dass die unmittelbaren Spareffekte der geplanten Neuerungen sehr begrenzt sind – und dass die gesellschaftliche Akzeptanz der Reform davon abhängt, ob sie erkennbar Chancen eröffnet statt nur Druck zu erhöhen. Hinweis zur Einordnung der Zahlen und Zitate: Berichte und Stellungnahmen stammen u. a. aus FAZ/WELT, Diakonie Deutschland, IW Köln sowie der Studie von Verian/Sanktionsfrei; maßgebliche Aussagen des CDU-Wirtschaftsrats sind dem Verbandspapier zu entnehmen
23. Oktober 2025
Pflegende Familien übernehmen in Deutschland den größten Teil der Versorgung – und sie haben Anspruch auf konkrete, finanziell spürbare Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung. Der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt erklärt verständlich und fundiert, was Pflegegeld genau ist, wer es bekommt, wie hoch es 2025 ausfällt, wie es mit anderen Leistungen zusammenspielt – und welche Absicherungen pflegende Angehörige zusätzlich nutzen sollten. Was Pflegegeld ist – und wofür es gedacht ist Pflegegeld ist eine Geldleistung der Pflegeversicherung für Pflegebedürftige, die zu Hause ohne oder mit nur teilweiser Inanspruchnahme professioneller Pflege gepflegt werden – in der Praxis meist von Angehörigen. Es soll die eigenorganisierte häusliche Pflege ermöglichen und kann von der pflegebedürftigen Person frei verwendet und auch an Angehörige weitergegeben werden. Anspruch besteht ab Pflegegrad 2; bei Pflegegrad 1 gibt es kein Pflegegeld. Die Höhe ist nach Pflegegrad gestaffelt und wird monatlich ausgezahlt. Pflegegeld für Angehörige: Alle Leistungen 2025/2026 Leistungen für pflegende Angehörige – kompakte Übersicht (Stand: 23. Oktober 2025) Leistung Beschreibung (Beträge/Regeln 2025) Pflegegeld (häusliche Pflege durch Angehörige) Anspruch ab Pflegegrad 2. Monatlich: PG 2: 347 €, PG 3: 599 €, PG 4: 800 €, PG 5: 990 €. Bei reinem Pflegegeld Beratungseinsatz: PG 2/3 halbjährlich, PG 4/5 vierteljährlich. Während Verhinderungs-/Kurzzeitpflege hälftiges Pflegegeld. Ambulante Pflegesachleistungen (Pflegedienst) Monatliches Budget zusätzlich/alternativ zum Pflegegeld: PG 2: 796 €, PG 3: 1.497 €, PG 4: 1.859 €, PG 5: 2.299 €. Kombination mit Pflegegeld möglich; Pflegegeld anteilig gekürzt. Kombinationsleistung Pflegedienst + Angehörigenpflege. Pflegegeld in Höhe des nicht genutzten Sachleistungsanteils (Beispiel: 60 % Sachleistung ⇒ 40 % Pflegegeld). Teilstationäre Tages-/Nachtpflege Eigenes Monatsbudget zusätzlich zu Pflegegeld/Sachleistungen: PG 2: 721 €, PG 3: 1.357 €, PG 4: 1.685 €, PG 5: 2.085 €. Investitionskosten häufig privat. Gemeinsamer Jahresbetrag für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege Bis zu 3.539 € pro Jahr (seit 01.07.2025) flexibel für beide Leistungsarten. Während der Nutzung hälftiges Pflegegeld; im 1. Halbjahr 2025 genutzte Beträge werden angerechnet. Entlastungsbetrag 131 € monatlich für alle Pflegegrade (inkl. PG 1) – nur für anerkannte Angebote (z. B. Betreuung, Haushaltshilfe). Erstattung gegen Nachweise. Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel Pauschale bis 42 € monatlich (z. B. Handschuhe, Desinfektionsmittel, Bettschutzeinlagen). Erstattung oder Direktlieferung. Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen Zuschuss bis 4.180 € je Maßnahme; bei mehreren Anspruchsberechtigten im Haushalt kumulierbar bis 16.720 €. Antrag mit Kostenvoranschlag. Pflegeunterstützungsgeld (kurzzeitige Arbeitsverhinderung) Bis zu 10 Arbeitstage je Kalenderjahr und je pflegebedürftiger Person. Lohnersatz i. d. R. 90 % des Netto bis zum gesetzlichen Höchstbetrag; zwischen Angehörigen teilbar. Pflegezeit & Familienpflegezeit Pflegezeit bis 6 Monate Voll-/Teilfreistellung; Familienpflegezeit bis 24 Monate mind. 15 Std./Woche. Zinsloses Darlehen beim BAFzA möglich; Fristen und Betriebsgröße beachten. Soziale Absicherung – Rentenversicherung Pflegekasse zahlt Beiträge für nicht erwerbsmäßig Pflegende ab PG 2; Voraussetzungen u. a. mind. 10 Std./Woche an 2 Tagen, eigene Erwerbstätigkeit ≤ 30 Std./Woche. Teilrente kann Anspruch sichern. Soziale Absicherung – Arbeitslosenversicherung Beiträge können von der Pflegekasse übernommen werden, wenn keine anderweitige Absicherung besteht. Meldung erfolgt über die Pflegekasse. Soziale Absicherung – Gesetzliche Unfallversicherung Beitragsfreier Schutz während der nicht erwerbsmäßigen Pflegetätigkeit im häuslichen Umfeld; zuständig ist die Unfallkasse. Pflegekurse für Angehörige (§ 45 SGB XI) Kostenfreie Schulungen (auch zu Hause/online) zur Vermittlung pflegepraktischer Fähigkeiten und Entlastung der Angehörigen. Individuelle Pflegeberatung (§ 7a SGB XI) Kostenfreier Anspruch auf persönliche Beratung und Fallmanagement; Terminangebot der Pflegekasse innerhalb von 2 Wochen nach Antragstellung. Wesentliche Quellen: Offizielle Informationsseiten des Bundesgesundheitsministeriums, GKV-Spitzenverband, Deutsche Rentenversicherung, Verbraucherzentralen sowie Übersichten für 2025. :contentReference[oaicite:0]{index=0} Pflegegeld 2025: die aktuellen Monatsbeträge Seit 1. Januar 2025 gelten erhöhte Leistungsbeträge: Das Pflegegeld beträgt pro Monat 347 Euro in Pflegegrad 2, 599 Euro in Pflegegrad 3, 800 Euro in Pflegegrad 4 und 990 Euro in Pflegegrad 5. Diese Werte beruhen auf der zum 01.01.2025 vorgesehenen Anhebung der Pflegeleistungen; sie sind auf der Website des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) offiziell ausgewiesen. Pflegegeld beantragen: so läuft es formal Der Antrag wird bei der Pflegekasse der Krankenkasse gestellt – telefonisch genügt, eine schriftliche Bestätigung folgt. Nach Antragstellung organisiert die Kasse die Begutachtung zur Feststellung des Pflegegrads. Außerdem muss die Pflegekasse innerhalb von zwei Wochen einen Termin für eine Pflegeberatung anbieten und eine feste Ansprechperson benennen. Leistungen werden grundsätzlich ab dem Monat der Antragstellung gewährt. Beratungseinsätze bei Pflegegeld: Pflicht und Fristen Wer ausschließlich Pflegegeld bezieht und zu Hause gepflegt wird, muss regelmäßige Beratungseinsätze nach § 37 Abs. 3 SGB XI in Anspruch nehmen. Für Pflegegrad 2 und 3 ist ein halbjährlicher, für Pflegegrad 4 und 5 ein vierteljährlicher Turnus vorgeschrieben. Die Einsätze sind kostenfrei und dienen der Qualitätssicherung; bei Nichtnachweis drohen Kürzung oder Entzug des Pflegegelds. Pflegegeld, Pflegesachleistungen und die Kombinationsleistung Alternativ zum Pflegegeld können ambulante Pflegesachleistungen eines Pflegedienstes genutzt werden; auch die Kombination ist möglich. In der Kombinationsleistung wird das Pflegegeld anteilig gekürzt – in dem Verhältnis, in dem Sachleistungen ausgeschöpft werden. Grundlage und aktuelle Sachleistungsbeträge (2025: z. B. 796 Euro in Pflegegrad 2 und 2.299 Euro in Pflegegrad 5) sind in der amtlichen Übersicht des BMG dokumentiert. Kurzzeitige Ersatzpflege und halbes Pflegegeld Fällt die Pflegeperson vorübergehend aus oder ist verhindert, kommen Verhinderungspflege oder Kurzzeitpflege in Betracht. Während solcher Zeiten wird das bisher bezogene (anteilige) Pflegegeld weitergezahlt – für bis zu sechs Wochen Verhinderungspflege und bis zu acht Wochen Kurzzeitpflege je Kalenderjahr jeweils in halber Höhe. Neu seit 01.07.2025: Gemeinsamer Jahresbetrag statt getrennter Budgets Seit 1. Juli 2025 gilt für alle Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 2 ein gemeinsamer Jahresbetrag für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege in Höhe von bis zu 3.539 Euro pro Kalenderjahr. Bereits im ersten Halbjahr 2025 genutzte Beträge werden angerechnet. Für schwerstpflegebedürftige Kinder und junge Menschen bis 25 Jahren in Pflegegrad 4 oder 5 griffen Teile dieser Reform bereits seit 1. Januar 2024. Weitere wichtige Unterstützungen im Alltag Zum Standardrepertoire der häuslichen Pflege zählen zusätzliche Entlastungen: Der Entlastungsbetrag von bis zu 131 Euro monatlich steht allen Pflegegraden einschließlich Pflegegrad 1 für anerkannte Unterstützungsangebote zu. Für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel (etwa Handschuhe oder Desinfektionsmittel) werden seit 01.01.2025 bis zu 42 Euro monatlich erstattet. Für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen – etwa Barrierereduzierung im Bad – sind Zuschüsse bis 4.180 Euro je Maßnahme möglich; leben mehrere Anspruchsberechtigte zusammen, sind Summen bis zu 16.720 Euro realisierbar. Pflegekurse und individuelle Pflegeberatung Pflegende Angehörige haben Anspruch auf kostenlose Pflegeschulungen; die Pflegekassen müssen entsprechende Kurse anbieten. Darüber hinaus gibt es einen gesetzlichen Anspruch auf individuelle Pflegeberatung nach § 7a SGB XI – sie soll spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung starten und begleitet Familien dauerhaft bei Organisation, Finanzierung und Entlastung. Soziale Absicherung für pflegende Angehörige Pflegende Angehörige werden sozial abgesichert. Die Pflegekasse zahlt – bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen – Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung; maßgeblich sind u. a. Pflegegrad, wöchentlicher Pflegeumfang und der eigene Beschäftigungsumfang. Wer bereits die Regelaltersgrenze erreicht hat, kann mit einer fast vollen Teilrente (z. B. 99,99 %) den Anspruch auf Rentenbeiträge durch die Pflegekasse erhalten und so die eigene Rente weiter erhöhen. Zusätzlich besteht ein beitragsfreier gesetzlicher Unfallversicherungsschutz für nicht erwerbsmäßig pflegende Personen ab Pflegegrad 2 der zu pflegenden Person; die Pflegekasse kann unter Bedingungen auch Beiträge zur Arbeitslosenversicherung tragen, wenn keine anderweitige Absicherung besteht. Vereinbarkeit von Pflege und Beruf: Freistellungen und Lohnersatz Für akute Pflegesituationen dürfen Beschäftigte bis zu zehn Arbeitstage je Kalenderjahr und je pflegebedürftiger Person der Arbeit fernbleiben; für diesen Zeitraum gibt es das Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung der Pflegeversicherung. Für längerfristige Pflege lässt sich die Arbeitszeit über Pflegezeit und Familienpflegezeit (kombiniert bis zu 24 Monate) reduzieren; zur Überbrückung kann beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben ein zinsloses Darlehen beantragt werden. Steuerliche Einordnung des Pflegegelds Pflegegeld ist grundsätzlich steuerfrei – sowohl für die pflegebedürftige Person als auch für Angehörige, an die es weitergegeben wird. Rechtsgrundlage ist § 3 Nr. 36 EStG, der Einnahmen für Pflegeleistungen bis zur Höhe des Pflegegelds steuerfrei stellt; Ausnahmen gelten u. a., wenn eine professionelle, erwerbsmäßige Pflege gegen Entgelt vorliegt. Im Zweifel empfiehlt sich steuerlicher Rat. Häufige Anschlussfragen aus der Praxis In der Praxis stellt sich oft die Frage, ob Pflegegeld rückwirkend gezahlt wird. Grundsätzlich beginnt der Leistungsanspruch mit dem Monat der Antragstellung; stellen Sie den Antrag deshalb so früh wie möglich – zur Fristwahrung genügt ein kurzer Anruf bei der Pflegekasse. Achten Sie außerdem unbedingt auf die fristgerechten Beratungseinsätze, wenn ausschließlich Pflegegeld bezogen wird; andernfalls kann die Kasse kürzen. FAQ: Pflegegeld und Leistungen für Angehörige Wer bekommt Pflegegeld – ich als Angehörige(r) oder die pflegebedürftige Person? Formell erhält die pflegebedürftige Person das Pflegegeld ab Pflegegrad 2. Sie kann es ganz oder teilweise an die pflegende Person weitergeben. Das Geld ist zweckfrei einsetzbar, dient aber der Sicherung der häuslichen Pflege. Muss die Weitergabe von Pflegegeld an Angehörige versteuert werden? Nein, bis zur Höhe des Pflegegeldes bleibt die Weitergabe in der Regel steuerfrei (§ 3 Nr. 36 EStG), sofern die Pflege aus familiärer bzw. sittlicher Verpflichtung erfolgt und nicht gewerblich organisiert ist. Bei Entgelten über dem Pflegegeld oder bei erwerbsmäßiger Pflege kann Steuerpflicht entstehen. Wie funktioniert die Kombinationsleistung aus Pflegegeld und Sachleistungen? Wer einen Pflegedienst einsetzt und zugleich von Angehörigen gepflegt wird, erhält Pflegegeld in dem Verhältnis, in dem die Sachleistungen nicht ausgeschöpft werden. Werden beispielsweise 60 % des Sachleistungsbudgets genutzt, verbleiben 40 % Pflegegeld. Wie oft sind Beratungseinsätze Pflicht, wenn ich Pflegegeld beziehe? Bei reinem Pflegegeldbezug ist der Beratungseinsatz nach § 37 Abs. 3 SGB XI verpflichtend: halbjährlich in Pflegegrad 2 und 3, vierteljährlich in Pflegegrad 4 und 5. Versäumte Nachweise können zu Kürzungen führen. Was hat sich 2025 bei Verhinderungs- und Kurzzeitpflege geändert? Seit 1. Juli 2025 gibt es einen gemeinsamen Jahresbetrag von bis zu 3.539 € für beide Leistungen. Er ersetzt die getrennten Budgets und kann flexibel genutzt werden; bereits im ersten Halbjahr 2025 verbrauchte Beträge werden angerechnet. Während der Nutzung wird das bisherige Pflegegeld hälftig weitergezahlt. Dürfen mehrere Angehörige gleichzeitig Pflegeunterstützungsgeld nutzen? Ja. Pro pflegebedürftiger Person stehen bis zu zehn Arbeitstage je Kalenderjahr zur Verfügung und können unter mehreren Beschäftigten aufgeteilt werden; die Leistung ersetzt in der Regel 90 % des Nettoentgelts (bis zum gesetzlichen Höchstbetrag). Bin ich als pflegende Person sozial abgesichert? Ja. Bei nicht erwerbsmäßiger Pflege zahlt die Pflegekasse Rentenbeiträge, unter bestimmten Voraussetzungen auch Beiträge zur Arbeitslosenversicherung; zudem sind pflegende Angehörige beitragsfrei gesetzlich unfallversichert. Voraussetzung sind u. a. Pflegegrad 2, mindestens 10 Wochenstunden an zwei Tagen und höchstens 30 Wochenstunden eigene Erwerbstätigkeit. Wird die Tages- und Nachtpflege zusätzlich zum Pflegegeld bezahlt? Ja, teilstationäre Leistungen haben ein eigenes Budget und werden grundsätzlich zusätzlich zu Pflegegeld oder ambulanten Sachleistungen gewährt; Investitionskosten der Einrichtung sind häufig privat zu tragen. Wie hoch sind Entlastungsbetrag, Pflegehilfsmittel-Pauschale und Zuschüsse für Wohnraumanpassung 2025? Der Entlastungsbetrag liegt bei 131 € monatlich, die Pauschale für Verbrauchs-Pflegehilfsmittel bei 42 € monatlich, und für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen können bis zu 4.180 € je Maßnahme bezuschusst werden. Wo starte ich den Antrag – und ab wann fließen Leistungen? Erster Ansprechpartner ist stets die Pflegekasse der Krankenkasse der pflegebedürftigen Person. Leistungen werden grundsätzlich ab dem Monat der Antragstellung gewährt; die Pflegekasse soll innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung eine Pflegeberatung mit fester Ansprechperson anbieten. Fazit: Pflegegeld klug verknüpfen und Absicherung nutzen Pflegegeld ist das finanzielle Rückgrat der häuslichen Pflege – doch es entfaltet seine Wirkung erst voll, wenn Familien es mit Pflegesachleistungen, dem Entlastungsbetrag, dem seit 01.07.2025 eingeführten gemeinsamen Jahresbudget für Ersatz- und Kurzzeitpflege, Pflegekursen sowie der eigenen sozialen Absicherung kombinieren. Wer frühzeitig beantragt, Beratung nutzt und die formalen Pflichten kennt, gewinnt spürbare Entlastung im Pflegealltag.
23. Oktober 2025
Für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen bringt das Jahr 2026 beim Pflegegeld keine automatische Anhebung. Nach dem Plus von 4,5 Prozent zum 1. Januar 2025 bleiben die Sätze im kommenden Jahr unverändert; die nächste planmäßige Anpassung ist erst zum 1. Januar 2028 vorgesehen. Die aktuellen Beträge: Status quo bis 2028 Wer zu Hause gepflegt wird und Anspruch auf Pflegegeld hat, erhält seit 2025 je nach Pflegegrad monatlich 347 Euro (Grad 2), 599 Euro (Grad 3), 800 Euro (Grad 4) oder 990 Euro (Grad 5). Diese Beträge waren zum Jahreswechsel 2025 angehoben worden und gelten 2026 fort. Für Pflegegrad 1 gibt es weiterhin kein Pflegegeld. Die Verbraucherzentrale und weitere Ratgeberseiten führen diese Beträge übereinstimmend; sie bilden die faktische Bezugsgröße für das ganze Jahr 2026. Tabelle: Wann steigt das Pflegegeld? Jahr Änderung beim Pflegegeld 2026 Keine Erhöhung. Die Beträge bleiben auf dem seit 1. Januar 2025 geltenden Niveau: Pflegegrad 2: 347 €, Pflegegrad 3: 599 €, Pflegegrad 4: 800 €, Pflegegrad 5: 990 €; Pflegegrad 1: kein Pflegegeld. 2027 Keine Erhöhung. Pflegegeld bleibt unverändert auf dem 2025er Niveau (PG 2: 347 €, PG 3: 599 €, PG 4: 800 €, PG 5: 990 €; PG 1: kein Pflegegeld). 2028 Geplante Dynamisierung zum 1. Januar 2028; konkrete Beträge stehen noch nicht fest. Die Anpassung soll sich an der Kerninflation orientieren. Quellen: Offizielle Beträge des Bundesgesundheitsministeriums (PG 2: 347 €, PG 3: 599 €, PG 4: 800 €, PG 5: 990 €) sowie aktuelle Berichte, wonach 2026/2027 keine Erhöhung vorgesehen ist und die nächste Anpassung zum 1. Januar 2028 geplant ist. :contentReference[oaicite:0]{index=0} Entlastungsleistungen: 131 Euro pro Monat und ein flexibles Jahresbudget Querschnitt über alle Pflegegrade bleibt der Entlastungsbetrag in Höhe von 131 Euro pro Monat bestehen, der 2025 von 125 Euro auf 131 Euro angehoben wurde. Zusätzlich gilt seit 1. Juli 2025 das gemeinsame Entlastungsbudget für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege in Höhe von bis zu 3.539 Euro jährlich – ein Baustein, der in der Praxis spürbar mehr Flexibilität bei Auszeiten oder Übergangslösungen schafft. Beide laufen 2026 unverändert weiter. Offizielle Unterlagen des Bundesgesundheitsministeriums bestätigen sowohl das Budget als auch die Anhebung des Entlastungsbetrags. Der „Zukunftspakt Pflege“: Kommission arbeitet am Umbau Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Zukunftspakt Pflege“ legt seit Oktober 2025 Zwischenstände vor. Aus dem jüngsten Sachstandsbericht geht hervor, dass die soziale Pflegeversicherung unter steigenden Ausgaben und demografischem Druck steht und die Facharbeitsgruppen an Vorschlägen zur Finanzierung und zur Begrenzung pflegebedingter Eigenanteile arbeiten. Der Bericht zeigt die Notwendigkeit struktureller Reformen und liefert die Arbeitsgrundlage für Entscheidungen, die frühestens 2026 greifen. Streitpunkt Pflegegrad 1: Prüfauftrag auf Abschaffung Besonders kontrovers ist die politische Diskussion über den möglichen Wegfall des Pflegegrads 1. Medienberichte zufolge prüft die Bundesregierung diese Option, um kurzfristig Mittel zu sparen. Schätzungen des RWI zufolge ließen sich dadurch jährlich rund 1,8 Milliarden Euro einsparen; betroffen wären mehr als 860.000 Personen, die heute insbesondere den Entlastungsbetrag nutzen. Zugleich wächst der Widerstand: Sozialverbände und Teile der Politik warnen vor sozialen Schieflagen, mehrere Landesregierungen lehnen Kürzungen ab. Der Tenor seriöser Berichterstattung: Es gibt keinen Beschluss, die Prüfung läuft – und sie ist hoch umstritten. Familienpflegegeld in der Debatte: Lohnersatz für Angehörige Parallel wird über ein neues „Familienpflegegeld“ diskutiert – eine Lohnersatzleistung nach Vorbild des Elterngelds, die pflegende Angehörige zeitweise aus dem Erwerbsleben heraus absichern soll. Bundesfamilienministerin Karin Prien hat den Einstieg befürwortet; Details zu Höhe, Dauer und Anspruchsvoraussetzungen sind noch offen und hängen auch von der Haushaltslage ab. Ob und wann ein solches Instrument kommt, entscheidet die Koalition erst nach Vorliegen konkreter Modelle und Finanzpfade. Finanzierungslücke: Warum die Beiträge nicht alles richten Die Brisanz erklärt sich aus der Finanzierung: Für 2026 wird in der Pflegeversicherung eine Lücke in Milliardenhöhe genannt, während die Beitragssätze aus konjunktur- und arbeitsmarktpolitischen Gründen möglichst stabil gehalten werden sollen. Branchen- und Kassenverbände mahnen deshalb tragfähige Lösungen an, die kurzfristige Stopfmaßnahmen ablösen. Aktuelle Berichte zum „Zukunftspakt Pflege“ sowie Analysen aus dem Kassenlager zeichnen ein Bild fortgesetzten Kostendrucks und verweisen auf die Notwendigkeit, Eigenanteile zu dämpfen, ohne Versorgungsqualität zu gefährden. Einordnung für Betroffene: Was jetzt wichtig ist Für Pflegebedürftige und Angehörige zählt kurzfristig vor allem Planungssicherheit. Die Pflegegeld-Sätze von 2025 gelten 2026 weiter, ebenso der Entlastungsbetrag von 131 Euro und das Jahresbudget von 3.539 Euro für Kurzzeit- und Verhinderungspflege. Mittelfristig hängt viel davon ab, ob die Politik den Pflegegrad 1 antastet, ob ein Familienpflegegeld eingeführt wird und mit welchen Maßnahmen die Eigenanteile in stationären Einrichtungen begrenzt werden. Bis 2028 ist eine nächste, an der Kerninflation orientierte Anpassung gesetzlich angelegt – alles Weitere entscheidet sich an den Reformvorschlägen, die Bund und Länder nun ausarbeiten.
23. Oktober 2025
Ein Bulgarischer Antragsteller hat Anspruch auf Bürgergeld trotz 3 wöchiger Inhaftierung, denn er hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt am Ort der Haftanstalt gehabt, so aktuell das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (Urteil Az: L 6 AS 1438/22 -). Kurzbegründung des Gerichts: Kein Leistungsausschluss für den Antragsteller Denn die Unschädlichkeit einer vorübergehenden Abwesenheit der Leistungsbezieher von drei Wochen mit der begrenzten Möglichkeit zur Verlängerung ist schon in der Systematik des SGB II normiert. Auch eine unwesentliche Verlängerung dieses Zeitraumes um weitere zwei Tage führe nicht zum sofortigen Leistungsverlust. Im Rahmen des Verlusts des Leistungsrechts aus Arbeitnehmerfreizügigkeit nach dem FreizügG/EU gehe die obergerichtliche Rechtsprechung von einem möglichen Unterbrechungszeitraum von zwei bis drei Monaten aus, ohne dass der Anspruch auf Leistungen entfalle. Für die Frage, ob jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, kommt es bei dem sozialgerichtlichen Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts nicht auf den Domizilwillen des Betroffenen an. Vielmehr ist an die tatsächlichen Verhältnisse anzuknüpfen. Gewöhnlichen Aufenthalt ist am Gefängnisort Befindet sich jemand aufgrund rechtmäßiger Verurteilung in Strafhaft, hat er mangels eines anderen tatsächlichen Aufenthalts auch seinen gewöhnlichen Aufenthalt am Gefängnisort (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 29.05.1991, 4 RA 38/90, ). Anmerkung vom Verfasser Klarstellung des Bundessozialgerichts, dass es für einen gewöhnlichen Aufenthalt i.S.d. Rückausnahme des § 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II nicht ausschlaggebend auf einen rechtmäßigen Aufenthalt ankommt. Vielmehr habe die insoweit erforderliche Prognose unter Berücksichtigung aller für die Beurteilung der künftigen Entwicklung im Zeitpunkt des Eintreffens am maßgeblichen Ort erkennbaren Umstände zu erfolgen ( BSG, Urteile vom 23.09.2025 - B 4 AS 8/24 R - Urteil vom 11.09.2024 - B 4 AS 12/23 R - ).
23. Oktober 2025
Das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hat klargestellt, dass Sozialwohnungen für Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld nicht als „unangemessen“ eingestuft werden dürfen – selbst wenn die Miete über den bislang herangezogenen Richtwerten liegt. Für Jobcenter bedeutet das: In angespannten Wohnungsmärkten wie Berlin sind die tatsächlichen Mietkosten solcher Wohnungen grundsätzlich vollständig zu übernehmen. Das Urteil (Az. L 32 AS 1888/17) hat weit über den Einzelfall hinaus Wirkung, weil es den Maßstab für die Prüfung der Angemessenheit neu justiert. Der Fall: Streit um 160 Euro – und um den richtigen Maßstab Ausgangspunkt war die Klage einer alleinstehenden Berlinerin, die in den Jahren 2015/2016 für ihre 90-Quadratmeter-Drei-Zimmer-Wohnung monatlich rund 640 Euro Miete zahlte. Das Jobcenter erkannte nur etwa 480 Euro als „angemessen“ an und verwies auf die Ausführungsvorschriften „AV-Wohnen“ und den Berliner Mietspiegel für einfache Lagen. Die Differenz von rund 160 Euro sollte die Klägerin selbst tragen. Das LSG entschied dagegen, dass dieses Vorgehen rechtswidrig war – und verpflichtete das Jobcenter zur Übernahme der vollen Kosten. Worum es rechtlich geht: Angemessenheit muss real verfügbare Wohnungen abbilden Rechtlicher Dreh- und Angelpunkt ist § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II: Bedarfe für Unterkunft und Heizung sind in tatsächlicher Höhe anzuerkennen, „soweit diese angemessen sind“. Die höchstrichterliche Rechtsprechung verlangt dazu ein schlüssiges Konzept und einen Vergleichsraum – methodisch häufig als zweistufige Prüfung beschrieben. In Berlin hatte die Verwaltung für die Angemessenheitsgrenzen jedoch maßgeblich auf Durchschnittsmieten einfacher Wohnungen nach Mietspiegel abgestellt. Das LSG kritisiert, dies bilde nur den „durchschnittlichen Fall“ ab, nicht aber die obere Grenze – und vor allem nicht die reale Verfügbarkeit von Wohnungen zu diesen Preisen. Angemessen ist nur, was auch tatsächlich anmietbar ist. Die Realität des Berliner Wohnungsmarkts: Fakten statt Rechenmodell Um die Marktlage zu bestimmen, stützte sich das Gericht auf den Wohnraumbedarfsbericht der Senatsverwaltung (2019). Danach gab es in Berlin rund 76.000 Haushalte im Leistungsbezug, deren Mietkosten über den vom Jobcenter angesetzten Grenzwerten lagen; zugleich bestand eine Angebotslücke von 345.000 Wohnungen allein für Einpersonenhaushalte. In einer solchen Lage – so das LSG – sei es den Gerichten nicht möglich, einen belastbaren Grenzwert zu bestimmen, wenn dieser mit der tatsächlichen Versorgungslage kollidiert. Maßgeblich ist deshalb, ob zu einem Richtwert überhaupt Wohnungen für Leistungsberechtigte verfügbar sind. Warum Sozialmieten der richtige Referenzpunkt sind Kern der Entscheidung ist die Abkehr vom Mietspiegel als primärem Maßstab zugunsten der Mieten im sozialen Wohnungsbau. Sozialwohnungen werden staatlich gefördert, um einkommensschwachen Haushalten – ausdrücklich auch Leistungsberechtigten – angemessenen Wohnraum zu sichern. Was der Staat fördert und rechtlich zulässt, kann grundsicherungsrechtlich nicht gleichzeitig „unangemessen“ sein. Das LSG formuliert diesen Grundsatz ausdrücklich: Wohnraum, der nach sozialem Wohnungsbau und Wohngeldgesetz angemessen ist, kann in angespannten Märkten nicht als unangemessen gelten. Die Wohngeldtabelle als Obergrenze? In Berlin ungeeignet Das Bundessozialgericht (BSG) hat in der Vergangenheit die Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich zehn Prozent als mögliche Höchstgrenze herangezogen, wenn es an einem schlüssigen Konzept fehlt. Für Berlin hält das LSG diese Hilfskonstruktion jedoch für untauglich: Selbst nach diesen Maßstäben wären viele Sozialwohnungen als „zu teuer“ zu qualifizieren – ein Widerspruch zum Förderzweck. Auch deshalb musste im konkreten Fall auf Sozialmieten abgestellt und die volle Miete anerkannt werden. Folgen für die Praxis: Jobcenter müssen umsteuern – und oft nachzahlen Die Entscheidung zwingt Jobcenter in angespannten Märkten, die tatsächliche Verfügbarkeit von Wohnraum in ihre Angemessenheitsprüfung einzubeziehen und Sozialmieten als Referenz ernst zu nehmen. Wo auf pauschale Mietspiegel-Richtwerte oder zu enge Tabellen abgestellt wurde, drohen Korrekturen – einschließlich Nachzahlungen für zu Unrecht gekürzte Bedarfe. Für Betroffene bedeutet das mehr Rechtssicherheit: Wer eine Sozialwohnung zu den zulässigen Konditionen bewohnt, muss nicht befürchten, auf „unangemessen“ verwiesen zu werden, nur weil ein theoretischer Richtwert unterschritten wird. Offene Rechtslage auf Bundesebene – Revision zugelassen Das LSG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Damit wird Frage – welche Rolle Sozialmieten und reale Verfügbarkeit bei der Angemessenheitsprüfung spielen – auch Bundessozialgericht behandelt. Unabhängig davon bleibt die Linie des BSG maßgeblich, wonach Angemessenheitswerte auf einem schlüssigen Konzept beruhen müssen; Ersatzmaßstäbe wie die Wohngeldtabelle dürfen die tatsächliche Marktlage nicht verfehlen. Einordnung: „Politisch Gewolltes“ darf Leistungsberechtigten nicht verwehrt werden Das Urteil bringt es auf den Punkt: Was der Staat als sozialen Wohnraum definiert, darf Bürgergeld-Beziehenden nicht mit dem Hinweis auf abstrakte Tabellen versagt werden. In Städten wie Berlin, in denen die Angebotsknappheit dokumentiert ist, verbietet sich eine Angemessenheitsprüfung, die an real nicht erreichbaren Mietpreisen anknüpft. Die Entscheidung schafft damit mehr Kongruenz zwischen sozialer Wohnraumförderung und Grundsicherung – und korrigiert eine Praxis, die die Marktrealität oft ausblendete. Für Mieterinnen und Mieter ist das ein wichtiges Schutzsignal; für Jobcenter ein Auftrag, die Konzepte an tatsächlicher Verfügbarkeit auszurichten.
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Selbstverständnis
Von der Arbeitsmarktreform sind Millionen von Menschen betroffen. Vieles ist im SGB II unklar und auf die individuellen Bedarfe des Einzelnen zu pauschal ausgelegt. Laut einiger Erhebungen, sollen nur rund 50 Prozent aller Bescheide der Jobcenter mindestens teilweise falsch und rechtswidrig sein. Das bedeutet für die Menschen oft tatsächliche Beschneidungen in Grundrechten und Ansprüchen.
Diese Plattform will daher denen eine Stimme geben, die kein Gehör finden, weil sie keine gesellschaftliche Lobby besitzen. Bezieher von Bürgergeld (ehemals Hartz IV) werden nicht selten als "dumm" oder "faul" abgestempelt. Es reicht nicht, dass Leistungsberechtigte mit den täglichen Einschränkungen zu kämpfen haben, es sind auch die täglichen Anfeindungen in den Jobcentern, in der Schule, in der Familie oder auf der Straße. Neben aktuellen Informationen zur Rechtssprechung konzentrieren wir uns auch auf Einzelfälle, die zum Teil skandalös sind. Wir decken auf und helfen damit den Betroffenen. Denn wenn eine Öffentlichkeit hergestellt wurde, müssen die Jobcenter agieren. Sie bekommen dadurch Druck. Lesen Sie mehr darüber in unserem redaktionellem Leitfaden!











